Analyse: Deshalb ging der „Derby-Matchplan“ von Djuricin auf

Im Wiener Derby konnte Rapid einen 4:0-Auswärtssieg im Ernst-Happel-Stadion feiern. Entscheidend für den Erfolg war das Umschaltspiel von Goran Djuricins Mannschaft bzw. die Schwächen in der Konterabsicherung bei der Austria.

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Im letzten Wiener Derby unter Thorsten Fink trennten sich die Mannschaften noch mit einem 1:1-Unentschieden. Fink ließ seine Austria eher tief verteidigen, gewährte Rapid viel Ballbesitz und setzte auf Konter seiner schnellen Offensivkräfte. Rapid hingegen presste sehr hoch und konnte so einige Bälle in der gegnerischen Hälfte gewinnen, jedoch wusste die Austria auch immer wieder den Raum hinter der hochstehenden Abwehr auszunutzen. Vergangenen Sonntag waren die Mannschaften nun genau umgekehrt eingestellt. Die Austria spielte Offensivpressing während Rapid den Gegner eher kommen ließ und dann über Umschaltsituationen Gefahr erzeugen wollte.

Austria-Trainer Thomas Letsch setzte auf eine 4-2-3-1-Formation, musste dabei jedoch auf die Stammkräfte Tarkan Serbest und Raphael Holzhauser verzichten. Rapid spielte ebenfalls in einer 4-2-3-1-Grundformation. Die Aufstellung von Philipp Schobesberger als Mittelstürmer unterstreicht den Konterfokus der Hütteldorfer.

Das Spiel war geprägt vom Pressing beider Teams, welches auf beiden Seiten gut funktionierte und zu kurzen Ballbesitzphasen führte. Die Bälle gingen sehr schnell verloren und beide Mannschaften konnten das Spiel über den Ballbesitz kaum kontrollieren. Speziell die Anfangsphase der Partie war etwas zerfahren, der Kampf um die sogenannten zweiten Bälle überwog und es gab kaum geordneten Spielaufbau.

Da Rapid nicht so hoch wie die Austria presste, hatte die Mannschaft von Letsch von Beginn an etwas mehr Ballbesitz, kam in der ersten Spielhälfte auf einen Anteil von 62 %. Die Struktur in der Offensive war ein sehr enges 4-2-3-1, bei dem nur die Außenverteidiger für die Breite im Spiel zuständig waren. Spielerisch ging anfangs jedoch wenig. Rapid verteidigte im 4-4-2 und fokussierte im Pressing vor allem die Außenverteidiger der Austria, was auch gut funktionierte und zu einigen Balleroberungen führte.

Rapids Pressing im 4-4-2. Berisha ist rechts vorgerückt, um den herausgekippte De Paula anzulaufen. Schobesberger und Schaub versperren das Zentrum.

Das Ballbesitzspiel der Austria war sehr vertikal angelegt. Das Mittelfeld von Rapid sollte schnell überbrückt und die Dreierreihe mit Venuto, Alhassan und Pires zwischen den Linien angespielt werden. Im Passspiel wurde dabei durchaus viel Risiko genommen, dafür sollte das Gegenpressing Ballverluste durch ungenaue Zuspiele absichern. Einzig Demaku war vermehrt um Kontrolle in Ballbesitz bemüht, versuchte häufig das Spiel mit Quer- oder Rückpässen zu beruhigen.

Die Absicherung des Vertikalspiels war jedoch mangelhaft und zu oft nicht ausreichend gegeben. Rapid konnte die Balleroberungen immer wieder Mal nutzen und direkt im Gegenzug gefährlich werden. Kamen die riskanten Pässe jedoch an, dann wurde auch die Austria vereinzelt gefährlich, hätte sich dadurch auch einen Treffer verdient gehabt.

Doch da etwa Pires eine Großchance vergab, traf in der ersten Spielhälfte nur Rapid und dies gleich zwei Mal. Das zweite Tor passte dabei sehr gut zum Spiel. Austria presste sehr hoch und versuchte im 4-1-3-2 den Spielaufbau von Rapid zuzustellen, woraufhin Strebinger zum langen Ball greift. Entscheidend ist, dass Rapid diesen auch sichern kann, so äußerst viel Raumgewinn hat und dann schnell den Ball auf Murg bringt, der sehenswert abschließt. Das Tor zeigt einerseits die Qualität im Abschluss, welche Rapid dieses Mal gezeigt hat, sowie die kurzen Ballbesitzphasen, die es an Stelle von länger herausgespielten Aktionen gab.

Pressingszene der Austria im 4-1-3-2.

Durch den 0:2-Rückstand nach der ersten Spielhälfte nahm die Austria noch mehr Risiko, lief dadurch aber häufig in Kontersituationen. Problematisch war die schwache Restverteidigung, speziell die große Lücke zwischen den recht hoch stehenden Außenverteidigern und der Innenverteidigung. Rapid konnten diesen Raum oft nutzen und gefährlich umschalten.

Neben den Innenverteidigern bot sich extrem viel Platz zum Kontern. Rapid nutzte dies in dieser Situation mit einem langen Ball auf Schaub, der dann auf Schobesberger querlegt. Pentz kann dessen Schuss mit einer starken Parade abwehren.

Goran Djuricin war nach dem Spiel äußerst zufrieden, lobte das Umschaltspiel und die Effizienz seiner Mannschaft. Sein „Matchplan“ sei voll aufgegangen. Äußerst hilfreich für diesen Matchplan war natürlich das frühe Führungstor durch Schwab, wodurch die Austria vermehrt über den eigenen Ballbesitz kommen musste. Dabei zeigten sich spielerische Schwächen und Probleme in der Konterabsicherung.

Eine Analyse von Alexander Belinger

Artikelbild: GEPA