Coronavirus: Auch Tour de France findet wohl nicht im Juni statt

Fußball-EM, Wimbledon, Olympische Spiele und nun die Tour de France? Auch der letzte Sport-Höhepunkt des Sommers kann wegen der Coronakrise wohl nicht wie geplant stattfinden.

Das Machtwort Emmanuel Macrons war für seine Landsleute schmerzhaft, und auch den Radsport traf es mitten ins Herz. Die Ausgangsbeschränkungen in Frankreich wegen der Coronakrise werden verlängert, große Veranstaltungen bis Mitte Juli verboten – der geplante Start der Tour de France am 27. Juni in Nizza ist spätestens seit der emotionalen Fernsehansprache des französischen Staatspräsidenten am Montagabend nahezu ausgeschlossen.

Eine offizielle Reaktion des Tour-Veranstalters ASO lag am Dienstag zunächst nicht vor, angesichts der Vorgabe der Regierung kann diese aber nur lauten: Die 107. Frankreich-Rundfahrt wird verschoben.

Absage soll verhindert werden

Eine Absage der prestigereichsten Rad-Rundfahrt der Welt dagegen, die bisher nur im Zuge der Weltkriege nicht stattfand, soll mit allen Mitteln vermieden werden. Die Austragung der Tour ist für den Profi-Radsport schlichtweg überlebenswichtig.

„Solange die Tour stattfindet – und es ist relativ egal, ob Zuschauer zugelassen sind oder nicht, und, ob wir im Juni, Juli oder August fahren – kommen wir mit einem blauen Auge davon“, sagte Ralph Denk, Teamchef des deutschen Top-Teams Bora-hansgrohe, dem SID: „Wenn sie nicht stattfindet, wäre es schon blöd.“

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Ein Großteil der Werbeeinnahmen der Teams – etwa 70 Prozent – werden bei der Tour generiert. Ohne die Frankreich-Rundfahrt stünden einige Mannschaften vor dem Aus. Auch deshalb hat Christian Prudhomme, der mächtige Tour-Chef, zumindest öffentlich bislang am angedachten Termin (27. Juni bis 19. Juli) festgehalten.

Macron setzt Frist bis 15. Mai

Die Tour de France schien sich damit als letztes Großevent des Sommers auf merkwürdige Weise der Realität zu verweigern. Die Fußball-EM, Wimbledon und sogar die Olympischen Spiele sind längst abgesagt oder verlegt. Staatspräsident Macron zwingt Prudhomme nun zu einer raschen Entscheidung, für die er sich angeblich eigentlich eine Frist bis zum 15. Mai gesetzt hatte.

Wann und in welcher Form die Große Schleife im Jahr der Coronakrise stattfindet, ist offen. Die Tageszeitung Le Parisien nannte zuletzt Ende Juli als potenziellen Startzeitpunkt.

Tour ohne Zuschauer bisher ausgeschlossen

Eine „Geister-Tour“ ohne Zuschauer hat Prudhomme bislang ausdrücklich ausgeschlossen, wohl auch auf Druck der Gemeinden, die zwar viel Geld für die Aufnahme ins Tour-Programm zahlen, auf den Kosten wegen fehlender Besucher aber sitzen bleiben würden.

Ob in Sisteron oder Millau, Lyon oder Bourg-en-Bresse – in allen Orten des Landes, durch die die Tour 2020 führen soll, drängen die Bürgermeister nun auf Klarheit. „Die ASO hat alle Rennen bis zum 1. Juni ausgesetzt, aber für die Tour warten die Organisatoren bis zur letzten Minute. Wir müssen aber schnell wissen, woran wir sind“, sagte Michel Valla, Bürgermeister von Privas, dem Zielort der fünften Etappe, der FAZ. Kollegen aus anderen Städten und Gemeinden fürchten vor allem logistische Probleme.

Die Liste der Sorgen, die Corona dem Radsport bereitet, ist lang, eine Neuplanung eines Mammut-Events wie der Tour de France komplex und herausfordernd. Verhindern lässt sich Plan B nicht mehr.

(SID)

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