Bayern gewinnt Pokal-Spektakel gegen Heidenheim

Bayern München hat sich in einem DFB-Pokalspiel für die Geschichtsbücher ins Halbfinale gequält und eine der größten Blamagen der Vereinsgeschichte abgewendet. Der Rekordmeister setzte sich drei Tage vor dem Bundesliga-Gipfel gegen Borussia Dortmund in einer dramatischen Partie gegen den tapferen Zweitligisten 1. FC Heidenheim mit 5:4 (1:2) durch. Robert Lewandowski sorgte erst in der 84. Minute per Handelfmeter für die Entscheidung.

Auch wegen einer über 75-minütigen Unterzahl ließ Bayern aber jede Souveränität vermissen und erreichte die Runde der letzten Vier nur dank seiner individuellen Klasse. Eine Bewerbung für einen Sieg gegen den BVB am Samstag war dieser Abend aber keineswegs.

Als Leon Goretzka (12.) das frühe 1:0 erzielte, sah alles nach einem normalen Spielverlauf aus, dann erhielt Niklas Süle (15.) wegen einer Notbremse die Rote Karte und der krasse Außenseiter witterte eine Chance. FCH-Torjäger Robert Glatzel (26.) egalisierte das Spiel und Heidenheim-Legende Marc Schnatterer (39.) brachte die Gäste sogar in Führung.

Erst Thomas Müller (53.) gelang das 2:2, bevor der eingewechselte Lewandowski (56.) und Serge Gnabry (66.) scheinbar den Weg in die nächste Runde ebneten. Dann jedoch schlug erneut Glatzel zu, erst zum 3:4 (74.) und dann per Foulelfmeter zum 4:4 (77.). Der Schlusspunkt war jedoch Lewandowski vorbehalten.

Kovac: „Der Kritik müssen wir uns alle stellen“

Die Münchner präsentierten sich allerdings in Unterzahl bis zur Halbzeit außer Rand und Band, ohne Struktur und Konzept. Erst die Einwechslungen von Kingsley Coman und eben Lewandowski (46.) rüttelten den FC Bayern wach, nun waren Wille und Entschlossenheit zu erkennen, aber in der Defensive blieben weiterhin die Fehler nicht aus.

Die Dortmunder dürften nach dem Studium dieses Pokal-Viertelfinales noch selbstbewusster und motivierter zum Rivalen reisen. Nach dem Achtelfinal-Aus in der Champions League fehlte nicht viel, und auch der zweite mögliche Titel für die Mannschaft von Trainer Niko Kovac wäre futsch gewesen.

Die Bayern hatten dieses Duell der Gegensätze zwischen dem deutschen Branchenführer, der eben für 80 Millionen Euro den französischen Weltmeister Lucas Hernandez verpflichtet hat, und dem kleinen, familiären Klub von der Ostalb mit dem erwarteten Ballbesitzplus begonnen. An Tempo und einer echten Dominanz mangelte es aber noch gegen die Elf von Trainer Frank Schmidt, der vor 25 Jahren als Spieler des TSV Vestenbergsgreuth den Bayern eine historische Schmach zugefügt hatte.

Müller: „Das muss man erstmal verdauen“

Von Minute zu Minute nahm der Druck auf die Heidenheimer Defensive zu, der Kopfballtreffer von Goretzka nach einer Ecke von Joshua Kimmich war zwangsläufig. Als Thiago in einem Anflug von Überheblichkeit einen fatalen Querpass vor dem eigenen Strafraum spielte, verschoben sich die Verhältnisse. Süle konnte den durchbrechenden Robert Andrich nur mit einem Foul stoppen, das Schiedsrichter Guido Winkmann nach dem Videostudium als Notbremse und somit rotwürdig beurteilte.

Wenig später nutzte Schnatterer einen Konter eiskalt, eine riesige Sensation lag in der Luft. Die Bayern drängten nach dem Wechsel nach vorne, der taktisch exzellent eingestellte Zweitligasechste Heidenheim warf sich mit allen Mitteln entgegen. Selbst nach dem 2:4 steckte die Schmidt-Elf nicht auf und verdiente sich in einer dramatischen Schlussphase höchsten Respekt.

(SID)

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