EL-Finale der Euphorisierten: Frankfurt gegen Rangers

Es ist ein Finalspiel, dessen Ausgang den Werdegang beider Clubs auf Jahre hinaus beeinflussen kann. Eintracht Frankfurt und die Rangers räumten bis zur seltenen Titelchance in der Fußball-Europa-League europäische Schwergewichte aus dem Weg. Am Mittwoch (ab 20 Uhr live auf Sky Sport Austria 1 – streame das Spiel mit dem SkyX-Traumpass) duellieren sie sich in Sevilla um ihren jeweils zweiten internationalen Titel – und einen Königsklassen-Platz. Mit Eintracht-Trainer Oliver Glasner ist ein Österreicher dabei.

„Die Europa-League-Gefühle sind immer größer geworden. Ich bin entspannt und mit sehr großer Freude und Stolz auf die Spieler angereist“, berichtete der Oberösterreicher beim letzten Pressetermin vor der Partie. „Gefühlt drückt uns ganz Deutschland die Daumen“, wollte der 47-Jährige wissen. Europäisches Tafelsilber haben beide Clubs schon länger nicht mehr gewonnen. Frankfurt hat vor 42 Jahren den UEFA-Cup (Finale gegen Mönchengladbach) geholt. Exakt 50 Jahre ist es her, dass die Rangers im Europacup der Cupsieger triumphierten.

Für beide ist das Finale der vorläufige Höhepunkt einer turbulenten Reise: Frankfurt verhinderte erst 2016 den Bundesliga-Abstieg in der Relegation gegen Nürnberg, die Rangers kickten vor zehn Jahren sogar in der 4. Liga. Mit der Insolvenz 2012 und dem damit verbundenen Zwangsabstieg erlebte der 55-fache schottische Meister seinen größten Tiefpunkt.

Für beide ist das Finale der vorläufige Höhepunkt einer turbulenten Reise: Frankfurt verhinderte erst 2016 den Bundesliga-Abstieg in der Relegation gegen Nürnberg, die Rangers kickten vor zehn Jahren sogar in der 4. Liga. Mit der Insolvenz 2012 und dem damit verbundenen Zwangsabstieg erlebte der 55-fache schottische Meister seinen größten Tiefpunkt.

„Ich bin sehr stolz auf das, was wir erreicht haben. Es fühlt sich außergewöhnlich gut an“, sagte Trainer Giovanni van Bronckhorst, der im vergangenen Herbst auf Steven Gerrard folgte. Auf dem Spiel steht im 150. Jahr nach der Clubgründung des Rangers FC nicht nur ein Titel, sondern auch das Direktticket in die Champions League.

Aus deutscher Sicht geht es auch um die Beendigung einer Europa-League-Misere. 1997 hat der FC Schalke 04 im Vorgängerbewerb UEFA-Cup als letzter Deutschland-Vertreter im zweitwichtigsten Europacup-Bewerb triumphiert.

Ausgerechnet im „Spiel des Jahrhunderts“ (Clubikone Alexander Meier) fehlt der Eintracht der Mann mit der meisten internationalen Erfahrung im Kader. Martin Hinteregger hat nach einer Oberschenkelverletzung (zugezogen gegen West Ham) die Wunderheilung verpasst.

Das Erfolgsrezept wird auch in Abwesenheit des Kärntner Abwehrchefs nicht umgeschrieben. „Es geht darum, unseren Spirit auf den Platz zu bekommen, mit aller Begeisterung und Leidenschaft. Ich möchte Eintracht-Frankfurt-Fußball sehen, so wie gegen West Ham United und Barcelona“, sagte Glasner. „Wenn uns das gelingt, bin ich zuversichtlich, dass es einen positiven Ausgang geben wird.“

Der 47-Jährige könnte zum ersten Österreicher avancieren, der nach Ernst Happel 1983 als Trainer im Europacup triumphiert. „Die Spieler sind die Protagonisten, die meine Hirngespinste auf dem Platz umsetzen müssen“, stellte Glasner die Mannschaft in den Mittelpunkt. „Ich genieße es, mit diesen Jungs und diesem Verein das Finale zu bestreiten, mit der ganzen Euphorie, die wir ausgelöst haben.“

Das Endspiel in Andalusien wird nicht nur wegen Temperaturen von weit über 30 Grad hitzig werden. Mehr als 120.000 Schlachtenbummler (70.000 Rangers-Fans) verwandeln Sevilla in eine Stadt im Ausnahmezustand. Das 40.000 Zuschauer fassende Stadion Ramón Sánchez Pizjuán hätte mehrmals ausverkauft werden können. Beide Clubs erhielten jeweils nur 10.000 Tickets.

Wer im Stadion dabei ist, hat sich die Teilnahme „ersungen“. Die Eintracht etwa bevorzugt bei der Ticketvergabe die lautstarken und aktiven Fans. Die Anhänger des Gegners werden stimmlich gewiss dagegenhalten. „Es kann absolut unangenehm werden, wenn es nicht so läuft“, sagte Rangers-Profi Leon Balogun über die Leidenschaft der Fans. „Trotzdem ist es absolute Liebe und Besessenheit. Das macht diese Fans aus. Ich liebe es, diese Wucht.“

Dass sich die Energie in geordneten Bahnen entfaltet, hoffen insbesondere die Briten. 2008, als die Schotten gegen Zenit St. Petersburg (0:2) in Manchester zum zuvor letzten Mal in einem europäischen Finale standen, gab es Ausschreitungen. Und 1972, als die Rangers 3:2 gegen Dynamo Moskau siegten, lieferten sich schottische Anhänger nach einem verfrühten Platzsturm Kämpfe mit der Polizei in Barcelona. Gewaltexzesse sind nun eher nicht zu erwarten, die beiden Fanlager sind freundschaftlich verbunden.

Beide eint der Optimismus und das Selbstvertrauen nach geschafften Großtaten. Mit Siegen gegen Betis Sevilla und den FC Barcelona, zuletzt auch gegen West Ham, wurde Frankfurt in Europa zur „Weißen Bestie“. Die Rangers andererseits haben Borussia Dortmund, Roter Stern Belgrad, Braga und RB Leipzig „völlig verdient eliminiert“, wie Glasner meinte. Vor allem Leipzig habe er „noch nie in solchem Trouble gesehen wie in der ersten Halbzeit bei den Rangers“.

Der schottische Vizemeister (hinter Celtic) wird von ähnlichen Tugenden getragen wie Glasners Frankfurter. Der Verein zeichnet sich ebenfalls durch mannschaftliche Geschlossenheit, Kampfgeist und Heimstärke aus. Ganz große Stars fehlen, mit James Tavernier führt ein Außenverteidiger mit sieben Toren die Schützenliste der Europa League an.

(APA)

Artikelbild: Imago