Ex-Formel-1-Pilot kritisiert Red Bull scharf: „Noch immer Albträume“

Jaime Alguersuari galt einst als großes Talent in der Formel 1. Doch der Spanier schaffte den Durchbruch nicht und kritisiert deswegen heute besonders seinen ehemaligen Rennstall und Helmut Marko, der offenbar noch immer in seinen Träumen auftaucht.

Den 26. Juli 2009 wird Jaime Alguersuari niemals vergessen. Es war der Tag, an dem sich der Spanier seinen Traum von der Formel 1 erfüllte. Beim Großen Preis von Ungarn wurde er im Alter von 19 Jahren und 125 Tagen zum damals noch jüngsten Formel-1-Fahrer der Geschichte.

46 Mal in der Formel 1 aktiv

Red Bull warf den Youngster, der 2008 als jüngster Pilot die britische Formel 3 gewann, einfach ins kalte Wasser und ließ ihn im Farmteam Torro Rosso an den Start gehen. Alguersuari beendete das Rennen auf Rang 15 und durfte anschließend bei 45 weiteren Starts seine Klasse in der Königsklasse des Motorsports unter Beweis stellen.

Sämtliche Grand Prix bestritt er zwischen 2009 und 2011, aber aus dem Traum wurde schnell ein Albtraum, wie der mittlerweile 32-Jährige in einem Interview mit der spanischen Zeitung El Confidencial erzählt. Und das lag keinesfalls daran, dass er insgesamt „nur“ auf 31 WM-Punkte kam. Vielmehr hat Red Bull ihm zu schaffen gemacht, wie Alguersuari nun darlegt:

Harte Kritik an Red Bull

„Bei Red Bull konntest du nie unbesorgt sein, selbst wenn du großartige Ergebnisse hattest. Selbst wenn du eine tolle Leistung gezeigt hattest, hattest du nie das Gefühl, dass die Arbeit erledigt war und alle zufrieden sind. Du wurdest eher von deinen Gegnern beglückwünscht als von deinem eigenen Team“, rechnet der Spanier mit seinem Ex-Team ab.

Seit seinem 15. Lebensjahr war Alguersuari im Red-Bull-Kosmos zu Hause, aber fühlte sich dort nie richtig heimisch. Eine Eigenschaft, die er laut eigener Aussage mit dem aktuellen Ferrari-Fahrer Carlos Sainz teilt: „Sie haben uns geholfen, weil wir Talent hatten und es das wert war. Aber tief drin suchen sie nach einem anderen Fahrerprofil“, bemängelt der Katalane.

Doch auch die Fahrer, die von den Red-Bull-Verantwortlichen „geliebt werden“ haben es nicht einfach: „Nichts war jemals gut genug. Und so geht es Max Verstappen auch mit seinem Vater. Das ist die Red-Bull-Schule“, so Alguersuari.

„Sehr seltsame Träume“ von Helmut Marko

Das damalige Supertalent kam damit nicht zurecht und habe selbst heute noch „sehr seltsame Träume“ davon. „Ich träume vom Frust, dass ich nie irgendwo ankomme und Herr Marko immer böse ist und mich immer vollmeckert, als ob ich ein Kind wäre. Das hat ein Trauma erschaffen, und ich bin überzeugt, dass es Buemi (ehemaliger Teamkollege bei Torro Rosso, Anm. d. Red.) und vielen anderen genauso geht“, berichtet der Ex-Fahrer.

Und weiter: „Das habe ich nie überwunden. Ich war nach meiner Karriere bei diversen Psychologen, die mir dabei geholfen haben, ein neues Leben anzufangen. Ich wollte mit allem vorher aufräumen, aber jetzt kommen so seltsame Dinge in meinen Kopf. Ich wache manchmal weinend auf, nachdem ich eine tolle Runde gefahren habe, und sehe das Gesicht von Herr Marko, der sauer ist…“

Marko ist bei Red Bull unter anderem für das Nachwuchsprogramm zuständig. Kontakt zu dem Österreicher besteht aber keiner mehr. Zum letzten Mal hat Alguersuari mit Marko gesprochen, als dieser ihm 2011 telefonisch mitgeteilt hat, dass er bei Torro Rosso keine Zukunft habe.

„Das war das letzte Mal, dass wir gesprochen haben. Als ich für die BBC kommentiert habe, habe ich ihn im Paddock gegrüßt, mehr aber nicht“, so der in Barcelona geborene Ex-Pilot, der kurz nach Veröffentlichung des Interviews über seinen Twitter-Kanal aber etwas zurückruderte:

Alguersuari rudert bei Twitter zurück

„Ich bin zutiefst dankbar, dass ich ihn mit 15 Jahren kennengelernt habe. Helmut war mein Lehrer und jemand, der mich immer aufgefordert hat, Leistung zu erbringen, um mich zu pushen und zu fördern und darüber hinaus. Das ist das System des Juniorteams und es funktioniert“, so Alguersuari dort.

Und weiter: Ich kann Red Bull und Helmut Marko gar nicht genug danken, denn sie haben mir einen Weg der Disziplin, der Hingabe und der harten Arbeit gezeigt, der mir hilft, andere Ziele in meinem Leben und in meiner Musik zu erreichen. Wenn man auf höchstem Niveau konkurriert, sei es in der Formel 1, im Fußball, im Rugby oder im Golf, braucht man einen extrem anspruchsvollen Verstand, um nach mehr Leistung zu streben. Selbst wenn du gewinnst, wird Red Bull dich immer weiter fordern, höher und höher und höher.“

Alguersuari beendete 2015 im Alter von nur 25 Jahren nach einem kurzen Abstecher zur Formel E seine Karriere. Seit 2021 hat er aber immerhin wieder mit dem Kartfahren begonnen…

(skysport.de)

Bild: Imago