Raimann vor NFL-Draft: „Wollte eigentlich schon umdrehen“

Beim NFL-Draft Ende April in Las Vegas wird Bernhard Raimann voraussichtlich als erster Österreicher von einem Team gewählt werden. Wenn auch danach alles nach Plan läuft, könnte er im Herbst als erster Feldspieler aus der Alpenrepublik eine Partie der National Football League bestreiten. Über seinen Werdegang, seine Lieblingsteams, sein Vorbild auf der Offensive-Tackle-Position und „Mock Drafts“ sprach der 24-Jährige mit der APA – Austria Presse Agentur im Interview.

APA: Rechnen Sie damit, im Draft ausgewählt zu werden? Oder wissen Sie vielleicht sogar schon das Team, das sie nehmen wird?

Raimann: „Wissen kann man das natürlich nicht. Aber ich habe mich darauf vorbereitet und bereite mich immer noch darauf vor, ausgewählt zu werden. Für mich wird das genauso spannend sein wie für Außenstehende, weil eben so viel davon abhängt, wie sich andere Teams in dem Draft verhalten.“

Wie sehr nehmen Sie die diversen Draft-Prognosen, Einschätzungen von Experten, die sogenannten „Mock Drafts“ und dergleichen wahr, wo Sie teilweise sehr hoch gehandelt werden?

„Im Internet gibt es immer Hunderttausende Experten, die haben alle eine unterschiedliche Meinung. Ich versuche so gut es geht, von dem fernzubleiben. Einmal ist man erste Runde, dann wieder zweite Runde. Im Endeffekt bedeuten diese Prognosen ja überhaupt nichts.“

Ihr Werdegang ist bemerkenswert und wird auch in den USA thematisiert. Wie viel in Ihrer Karriere haben Sie bewusst geplant, wie viel ist einfach passiert?

„Ich würde sagen, sehr viel in meiner Footballkarriere ist glücklicherweise passiert. Am Tag, als ich angefangen habe, als die Vienna Vikings ihr Tryout abgehalten haben, wollte ich eigentlich schon umdrehen. Mein Papa hat mich mehr oder weniger gezwungen, es wenigstens auszuprobieren. Dann habe ich zum Spielen angefangen und American Football lieben gelernt. Nach meinem zweiten Jahr habe ich mir gedacht, dass ich einmal gerne an einer High School spielen würde, weil man das immer in Filmen sieht und das cool ausschaut. Zu dem Zeitpunkt hätte ich zwar geträumt davon, aber es war jetzt kein konkretes Ziel, mir ein Uni-Stipendium zu erarbeiten. Das ist dann eher so passiert, als ich drüben war und das erste Mal ein College-Spiel live gesehen habe.“

https://www.skysportaustria.at/zum-nachsehen-riesenrad-sportgroessen-im-waggon-28-mit-sandro-platzgummer/

Untypisch ist auch, dass Sie im dritten Jahr an der Central Michigan University die Position gewechselt haben – von Tight End zum Offensive Tackle.

„Das ist auch mehr aus dem Zufall entstanden. Ich habe versucht, das Meiste aus meiner neuen Rolle im Team zu machen und jeden Tag daran zu arbeiten. Ich habe mir auch sehr viele YouTube-Videos angeschaut, weil wir in dem ersten Jahr wegen Covid lange keine Teamaktivitäten haben durften. Mir persönlich gefällt die Position wesentlich besser.“

Was sind Ihre Stärken auf der Position, woran müssen Sie noch arbeiten?

„Meine Stärke ist auf jeden Fall der Hintergrund, dass ich von der Tight-End-Position komme. Ich glaube, das hilft mir persönlich sehr viel, weil ich wesentlich athletischer bin als andere Spieler auf dieser Position. Sachen, an denen ich arbeiten muss, sind Kleinigkeiten, die mit der Erfahrung kommen. Ich habe in der Saison einige Fehler gemacht, wo ich mir denke, dass sie einem erfahrenen Offensive Tackle nicht so passiert wären.“

Gibt es ein Vorbild auf der Tackle-Position?

„Meine Vorbilder haben sich über die Jahre ein bisschen verändert. Aber natürlich, bei Sebastian Vollmer kann man definitiv sagen, dass er für mich als Vorbild agiert hat. Er ist aus Deutschland in die USA gekommen, hat bei den New England Patriots als linker Tackle gespielt und auch zwei Super Bowls mit dem Team gewonnen. Das ist definitiv etwas, von dem ich auch träume.“

Wie viel müssen und wollen Sie noch an Körpergewicht (derzeit 305 Pfund, also 138 Kilo/Anm.) zulegen?

„Ich werde über die nächsten paar Monate sicher noch ein bisschen zulegen. Das wird hoffentlich stetig nach oben gehen. Zwischen 315 und 320 Pfund wär sicher ein guter Anfang.“

Was ist das unmittelbare Ziel für das erste Jahr, wenn Sie es in die Liga schaffen?

„Als kurzfristiges Ziel für die nächsten paar Monate würde ich auf jeden Fall sagen, eine Stammposition zu erarbeiten, wo immer ich hinkomme.“

Haben Sie eigentlich ein Lieblingsteam in der NFL oder sonstige Präferenzen, wo Sie gerne spielen würden?

„Als ich in Wien bei den Vikings gespielt habe, waren die Minnesota Vikings eines meiner Lieblingsteams. Wenn man in Michigan wohnt, verfolgt man dann natürlich die Detroit Lions. Eine wirkliche Präferenz habe ich nicht, jedes Team hat seine Vor- und Nachteile. Wenn man zu den Green Bay Packers kommt, hat man zwar das schlechte Wetter im Winter, aber dafür ein super Team. Wenn man zu den Jacksonville Jaguars geht, hat man das ganze Jahr ein super Klima, allerdings ist das Team nicht sonderlich erfolgreich. Ich glaube, ich würde mich ziemlich überall wohlfühlen.“

Wo werden Sie den Draft verfolgen?

„Wir werden in Michigan sein. Meine Eltern kommen und verbringen die ganze Draft-Woche mit mir. In Las Vegas wäre es etwas zu aufregend. Wir versuchen hier, ein bisschen runter zu kommen und die Zeit gemeinsam zu genießen. Die Familie meiner Freundin wohnt in der Nähe von Detroit, bei ihr daheim werden wir dann gemeinsam schauen.“

(Das Gespräch führte Nikolaus Panny/APA)

Artikelbild: Imago